Von Sepp Graessne

Das amerikanische Trauma von My Lai, ein moralisches Trauma, so nennt es „Der Spiegel“. Die Umwertung des Traumas in gesellschaftliche Kategorien, gleichsam körperlos, ist zwar mit Empfindungen verbunden, für die jedoch eine Disposition bestehen muss. Das eigentliche Trauma haben die Überlebenden des vietnamesischen Dorfes und ihre Verwandten erlitten. Von Traumaraub zu sprechen, wäre allerdings etwas übertrieben. Es handelt sich eher um eine Verschiebung.

In der „Psyche“ von Juni 2011 lesen wir „Trauma in China?“ Zwar ist unstrittig, dass die „Kulturrevolution“ zahllose Morde, Demütigungen, Verschleppungen, d.h. Traumata, verursacht hat, das Fragezeichen wirkt also kokett. Die Psychoanalyse dringt im gesamten Heft nach China vor und findet heute interessierte Zuhörer. Traditionelle und kommunistische Auffassungen müssen folglich ausgehebelt und verwandelt werden, wenn eine in der bürgerlichen Welt des Westens verankerte Psychoanalyse nach China exportiert werden soll. Gegen eine Bekanntmachung der jeweiligen Psychosysteme ist sicher nichts einzuwenden. Allerdings ohne missionarischen Drang.

 

In der Fachzeitschrift „Psychosozial“ desselben Monats können wir uns vertraut machen mit Gruppentherapien von politisch Traumatisierten, mit dem Trauma von Täterkindern, also der zweiten bis vierten Generation. In beiden Ausgaben geht es um Politik- oder Machttraumata. Zugleich wird damit eine Traumapolitik betrieben, indem Trauma und seine biologischen und sozialen Folgephänomene für universell erklärt werden. Hierin zeigt sich deutlich eine westliche Verkettung von Ambiguitätsfurcht (Furcht vor Mehrdeutigkeit), Wahrheitsobsession und Universalitätsehrgeiz, die, wie Thomas Bauer am Beispiel des Sexes in der klassischen islamischen Welt erläutert, zum Kern des Konflikts zwischen westlicher Moderne und dem Rest der Welt gehören mag (S.311).

Im wortgetreuen Sinne gibt es eine Ökonomie des Traumas nicht. Erst durch eine Verwandlung in eine Verwertbarkeit werden die heute favorisierten „Medical Humanities“ in die Lage versetzt, ja gezwungen,  sich für ökonomische Betrachtungen zu öffnen. Verwertbar wird das Trauma einer Person, indem die Folgeerscheinungen traumatischen Erlebens in einen medizinischen Kontext inkorporiert werden, von dem zugleich die Beseitigung des Leidens an der traumatischen Erinnerung in Aussicht gestellt wird. Die Entsorgung des subjektiven Leidens erfolgt im optimalen Falle gleichfalls durch Verwandlung: der realen Wirkkräfte, die zum Trauma führten, und durch Verwandlung erlernter Muster oder Rückbesinnung auf frühere Stärken, die an die Stelle der aktuellen Schwäche treten sollen. Die wesentliche Verwandlung betrifft jedoch den Warencharakter des Traumas. Indem Expertinnen mit vergüteter Dienstleistung sich der traumatischen Erinnerungen annehmen, übernehmen sie ursprünglich rituelle Funktionen von Großfamilie und Religion.

In Europa und Nordamerika beobachten wir zwei auseinanderdriftende Entwicklungen, die Odo Marquard schon 1989 bemerkte: einerseits die Verminderung von Leidensquellen, wenn man die Gegenwart mit der länger zurückliegenden Vergangenheit vergleicht. Hunger, Krankheiten, früher Tod oder Vernichtung durch natürliche Katastrophen spielen nicht mehr die Rolle wie vor Jahrhunderten. Mit rechtlich verbindlichen Regeln werden soziale Ungleichheiten, wenn auch unzureichend gelindert. Wissenschaft gilt heute als das zentrale gesellschaftliche Instrument zur Leidensreduktion. Andererseits gewinnt man den Eindruck, dass die Menschen in den westlichen Regionen immer mehr und immer differenzierter leiden. Eine scheinbar unaufhaltsame Lawine von Meldungen erreicht uns über die Medien, in denen von Unheil, Zerstörung und Leid in aller Welt die Rede ist. Und man darf aus dem medialen Bombardement folgern, dass die Menschen (des westlichen Kulturkreises?) offenbar ein bestimmtes Maß an Leiden brauchen, damit nicht eine Entwöhnung eintritt, weil das Mitleiden und die resultierende Empathie eine besondere Stellung in der Evolution eingenommen habe. Wenn, wie wir belehrt werden, das Mitgefühl im Rahmen der Evolution ein zivilisatorischer Motor ist, dann braucht es ohne Frage in paradoxer Weise die fortgesetzte Konfrontation mit Leiden, um dieses für Sozialität, Kommunikation und Kooperation notwendige Mitgefühl zu provozieren und einzuüben. Mitgefühl ist verantwortlich für reflexive Gedanken und in konsequenter Weise für Kooperation. (Adam und Eva sowie Kain waren noch ohne Empathie.) Wir glauben, aus beiden erwachse Fortschritt im Zivilisationsprozess, weil wir auch glauben, Natur (des Menschen) und Evolution steuerten auf ein Ziel zu, dem immer näher zu kommen es Fortschritte brauche. Fürsorge und Barmherzigkeit aus Empathie erscheinen als unabdingbare Grundkomponenten menschlicher Existenz. Ohne sie wird es dunkel. Und daher brauchen wir Leiden, damit wir mitleiden können. Gegebenenfalls müssen wir einige Varianten von Leiden sogar neu erfinden, eben damit wir nicht am „Entzug von Leiden“ leiden. Und die Wissenschaft, die als Verminderin der Leidensquellen auftritt, hat einen Januskopf, mit dem sie auch an der Vermehrung neuer Leiden beteiligt ist. Als ein Nebenprodukt solcher Entzugsvermeidung entstehen neue Arbeitsplätze für  Hohepriester der Leidensverarbeitung, die man landläufig Experten oder Therapeuten nennt. Sie suchen in ihren Forschungsabteilungen nach Formen industrieller Leidensverminderung durch screening, Fragebögen und Messdaten. Sie verfügen nur insofern über einen Januskopf, als sie sich ökonomische Prinzipien von Effizienz, Effektivität, Prognostik und Berechenbarkeit einverleiben. Dennoch beanspruchen sie, hinten und vorn dasselbe Gesicht aufzuweisen. Damit unterschieden sie sich von anderen, die ihr Gesicht verlieren können und dann keines mehr haben. Der Therapeut habe nach Verlust eines Gesichts immer noch ein weiteres: Er dreht sich einfach um, d.h. er wendet sich ab.

Während aber im Leiden relative Gleichheit herrscht (sieht man vom Leiden am Luxus ab), dominiert bei der Leidensverarbeitung eine deutliche Ungleichheit. Nur dieser Bereich ist sozialwirtschaftlich relevant, wenn und weil Leidensminderung zu einer käuflichen Ware wird, die den Gesetzen der Dienstleistungsgesellschaft gehorcht. (Das Erste Gebot dieser fürsorglichen Dienstleistungen im Gewand der Nächstenliebe lautet: Du sollst um jeden Preis wachsen und expandieren. Übrigens stellt das zweite Gebot fest: Egal, welcher Schule oder Lehre du angehörst, du hast irgendwie Recht und besitzt die Wahrheit, wenn du daran glaubst. Indem du eine Idee zur Ware machst und mit innovativen Strategien umwirbst, gehörst du zu den neuen Gründern von Unternehmen und sogar in herausragender Weise, wenn du zusätzlich ein BWL-Studium mindestens bis zum Bachelor absolviert hast.)

Die Diskrepanz zwischen allgemeiner Minderung der Leidensquellen und aktuellem und subjektivem Leiden und Beklagen („Nörgel- und Jammergesellschaft“) läuft parallel zur Feststellung einer erhöhten Empfängnisbereitschaft für Angststimuli in den westlichen Gesellschaften, die nicht nur von den Medien registriert wird. Reale und induzierte Angst wird in Zeiten relativer Sicherheit offenbar benötigt, um das individuelle Alarmsystem zu schärfen. Immer wieder sind „Probealarme“ erforderlich. Induzierte Ängste vor dem Untergang oder der Vernichtung, aber auch solche mit geringerer Erregungsreaktion, materialisieren sich und nehmen Wege, die auf keiner Landkarte eingezeichnet sind, weshalb Experten, Wegweiser und Ratgeber gefragt sind. Ängste sind individuell unterschiedlich ausgeprägt und zugleich vom kollektiven Empfinden abhängig, mit dem individuelle Ängste in Wechselwirkung treten. Die Zeiten, so wird suggeriert, sind nicht weniger sicher als frühere Zeitabschnitte. (Von der Bedrohung des Klimas, von nuklearem Schrecken und Ressourcenknappheit bei wachsender Weltbevölkerung einmal kurz abgesehen. Wenn es Globalisierung wirklich gibt, dann als Schreckenszenarien, die offene und unterschwellige Ängste hervorrufen.) Dennoch (oder gerade deshalb) kümmern sich weltweit immer mehr Spezialisten um die durch Ängste hervorgerufenen Phänomene, von denen die meisten in pathologische Kategorien gestellt werden. Dadurch entwickeln Experten in eigener Vollkommenheit und sicher auch Versicherungskonzerne in fürsorglichem Habitus Vergütungsformen für wachsende Experten- und Klientenzahlen. Experten sehen sich gezwungen, ständig neue angstinduzierte Krankheitsbilder zu (erfinden) benennen, um einer Wachstumsdynamik zu genügen.

Vorschlag: Es wäre hier zu überprüfen, ob Gesellschaften, die über keine Versicherungssysteme/Krankenkassen mit ökonomischem Machtanspruch verfügen, in ähnlicher Weise wie im Westen Experten für Leidensminderung produzieren und deren Dienste, die auf medizinischen, psychologischen oder magisch zustande gekommenen Diagnosen basieren, vergüten oder lediglich als Familienleistungen einfordern oder für unbeachtlich erklären, weil sie hinsichtlich der psychologischen Folgezustände dem allmählichen Vergessen vertrauen. Als These wäre vorstellbar : Psychotherapeutische Dienstleistungen und die Gesetze von Versicherungskonzernen existieren durch ihnen innewohnende permanente Expansion (hin zu einer Steigerung der Illusion Sicherheit) und Wachstum, die sich wechselseitig bedingen. Es sollte beachtet werden, dass es um den Umgang mit Ängsten (Depressionen) geht, d.h. um den Umgang mit evolutionär notwendigen und natürlichen Emotionen, die dem Einzelnen klar machen, wie klein und endlich er in Wirklichkeit ist.

Versicherungen müssen Ausweitungen therapierbarer und vergüteter psychischer Krankheiten zustimmen, wenn sie eine Behandlung in ihren Leistungskatalog aufnehmen sollen. Versicherungen machen das Leben nicht um einen Deut sicherer. Sie kommen immer zu spät nach einem Unglück. Sie sind an einer diffusen Ausdehnung von subjektiv empfundener Angst interessiert, denn sie erhöht die Zahl der abgeschlossenen Policen. Versicherungen übernehmen dadurch bedeutsame steuernde Positionen der Gesundheitspolitik. So sind denn auch Versicherungen an der Formulierung des DSM-III beteiligt gewesen, als 1980 die posttraumatische Belastungsstörung (als Grundlage einer Behandlungsbedürftigkeit von heimkehrenden Soldaten) „erfunden“ wurde. In einem solchen Sinne sind therapeutische Experten praktische Agenten oder Außendienstmitarbeiter von Versicherungskonzernen, die nicht selbst die neuen Definitionen ins Spiel bringen, sondern dies externen Experten überlassen.

 

 

Die andere Seite des (extremen) Traumas, das ein Angstfolgephänomen ist und für dessen Besänftigung man therapeutische Experten zu benötigen meint, ist der unstillbare Wunsch nach Sicherheit, äußerer Sicherheit und innerer Sicherheit, die das individuelle psychische Chaos besänftigen. Beide bilden in wechselseitiger Abhängigkeit ein Dogma, das nahe liegend erscheint, weil jedes Trauma, also jede körperliche und psychische Verletzung, nach Therapie und Prävention ruft und dadurch den Wunsch nach Sicherheit steigert. In einem Zirkelschluss beruft sich Prävention auf traumatische Erlebnisse, und traumatische Erlebnisse rechtfertigen posttraumatische Handlungen zur Sicherheitssteigerung aus Furcht vor traumatischen Wiederholungen oder noch größeren Katastrophen. Dabei gerät Freiheit unter die Räder. Trauma wird folglich zu einem Zentrum der Betrachtungen menschlicher Existenz. In der westlich orientierten Welt kommt es zu einer Rückkehr zur Härte des Alten Testaments. Die aufklärerische Vorstellung von fortschreitender Weltzivilisation hat mit dem derzeit herrschenden Begriffspaar: Trauma/Sicherheit ein Ende, weil es nicht nur die Freiheit aufs Spiel setzt, sondern auch auf Freiheit zu verzichten glaubt.

 

Harald Welzer spricht in der SZ vom 31.12.2012 von einer Besorgnisindustrie, die neben die traditionelle Industrie getreten sei. In der Besorgnisindustrie, die eine Nähe zur Traumaindustrie aufweist, versammeln sich Regierungen, Experten und NGO zu den Themen Klima, Ressourcen, Bevölkerungen, ihr Wachstum bzw. Schrumpfung. Die Verbindungslinie zur Traumaindustrie liegt nicht nur in der Orientierung auf scheinbar fürsorgliche Zukunft, sondern in der Illusion, man habe alles im Griff, und alle Ängste seien beherrschbar. Die Traumaindustrie arbeite verantwortungsvoll an verbesserten Sicherheitskonzepten. Allerdings behindern Egoismen vernünftige Entwicklungen.

 

Die soziale, ökonomische Welt übt ihren Einfluss auf ihr soziologisches Erkenntnisobjekt – die Vielfalt der Organisationsformen von menschlichen Lebensweisen - nicht in Gestalt eines mechanischen  Determinismus, sondern in der Form einer Beeinflussung dieser Erkenntnis aus, gibt Pierre Bourdieu zu bedenken. Dies gilt analog auch für die Erfindung, den Gebrauch und die elastische Anwendung des Traumabegriffs. Dazu werden psychische Prozesse in der Folge von Lebensbedrohung beschrieben, katalogisiert, an Experten delegiert, Widerspruch und Skepsis an den Erkenntnisrand gedrängt und eine Orthodoxie verordnet, die ein genaues Befragen des Zustandekommens dieses Traumabegriffs, seiner historischen Wurzeln und der wirksamen Interessen nicht zulassen. Somit kommt es zu einem Zusammenspiel zahlreicher einzelner Akteure, die Einfluss nehmen auf den Erkenntnisvorgang, was ein Trauma sei und wie es zu diagnostizieren und zu therapieren sei. In keinem Bereich menschlicher Erfahrung hat sich so vehement eine Doxa etabliert wie im Bereich des Psychotraumas, so, als gäbe es nur eine Weise der Beurteilung von traumatischen Ereignissen und Folgephänomenen. Dabei konnte sich der Gründungsakt des gegenwärtigen Gebrauchs eines Psychotraumas auf eine Vorgeschichte stützen, die sich in Gestalt von Menschen-rechtsdiskurs, Feminismus, Kolonialismus, Weltkriegserlebnissen und Holocaust auf der einen Seite und aus dem „Recht auf Illusionen“ (Wachstum, Sicherheit, Todesverdrängung) auf der anderen Seite zusammensetzte. Allen diesen einflussreichen Faktoren gemeinsam ist eine Intention, ein Vektor, der in unterschiedliche Richtungen, in individuelle und kollektive Rechte zeigt. Der Blick in die Möglichkeit des Todes konnte nun Trauma genannt werden, wenn er mit Demütigungen verbunden war, ja eine Demütigung schlechthin darstellte, und das physische, psychische und soziale Ende von Integrität andeutete. Der Blick in den Todesrachen wurde in den vergangenen 100 Jahren mit steigender Tendenz als derart abwegig betrachtet, dass daraus eine Krankheit gemacht wurde, die mehrdeutig mit aller Wucht zuschlagen konnte: Der Blick in den Abgrund konnte ebenso zu krankhafter Verwirrung des Geistes und des Erlebens führen, wie schon das riskante Wagnis eines solchen  Blicks Teil einer pathologischen Verwirrung war. Natürliche Reaktion als Folge dieses Blicks wurde als krankhaft erklärt. Wer keine sofortigen Krankheitssymptome zeigte, setzte sich dem Verdacht aus, aus besonders hartem Holz fabriziert zu sein oder zu einer späteren Zeit von schlummernden und hochpotenten Symptomen überwältigt zu werden. „Plötzlich und unerwartet,“ sagt man dann nicht ohne Genugtuung.

Indem unterschiedliche Gestalten der Verarbeitung von traumatischen Erlebnissen als vernünftig oder wünschenswert definiert, beschrieben und damit vorgeschrieben werden, bahnt sich der Weg gesellschaftlicher Wahrnehmung von Traumata ins ökonomische Feld und damit ins Feld der Verwertung, in dem Werte geschaffen werden und zugleich als Tauschwerte fungieren. Traumata erhalten diese Bedeutung, weil sie Machtkonstellationen hervorbringen, die wesentliche Voraussetzung für eine Ökonomisierung der Beziehungen zwischen Therapeut und Patient und definierter Krankheit sowie definierter Gesundheit sind. Ausgeschlossen scheinen sämtliche Zwischenstufen, die vielfach einen kulturellen Hintergrund haben.

Aus der religiösen Praxis und dem Warencharakter wird der Begriff des Fetischismus entnommen und im Rahmen therapeutischer Arbeit schamhaft vermieden (außer als Pathologie von Patienten). Er ist jedoch omnipräsent, weil alle Dinge, Ideen, Dienstleistungen den Charakter von Fetischen annehmen können. Auch Personen, die zu Idolen mutieren, sind Fetische, denen stärkende Wirkung zugesprochen wird. So können auch Therapeuten zu Fetischen werden, die ihre ursprüngliche Wirkung von religiösen Ritualen geborgt haben. Heilung des Traumas, wenn es denn so etwas gibt, ist auf Vertrauen und Glauben angewiesen.

Das individuelle Trauma kann zur Ware werden, indem es im therapeutischen Rahmen aus einem schrecklichen und bedrückenden Erlebnis eine Erzählung hervorbringt. Zwar ist nicht immer deutlich, was der Therapeut der Ware hinzufügt, damit sie zum Fetisch wird. Im Allgemeinen verändert er die Ware Trauma als Erzählung, indem er das Narrativ in sein Verständnissystem integriert. Die Einverleibung in sein Erklärungssystem hat mit der Erzählung und dem damit verbundenen Leid nur insofern zu tun, als es sich um eine Verwandlung durch eine verfremdende Inkorporation handelt, dessen Wirkung und Funktion der Erzähler nicht kennt. Die Erzählung der Ware Trauma ist nicht das Trauma.

 

Ökonomische Aspekte von psychosozialer Gesundheit/Krankheit kennzeichnen m. E. folgende stichwortartigen Bereiche, die nicht einheitlich erscheinen,  zumeist Fürsorge und Wohlfahrt mit moralischen Urteilen verknüpfen und darüber zur Verschleierung wirtschaftlicher Überlegungen beitragen:

 

  1. Normative Abgrenzungen von gesund und krank, von tolerierbar bis pathologisch. In den Klassifikationen stecken bereits ökonomische, d.h. hierarchische Werturteile. Sie sind Ergebnis von Durchsetzungsmächten. Normen sind keine wertfreien Statistiken. Sie drängen stets zu Gefällen zwischen Oben und Unten und produzieren dadurch Hierarchien.
  2. Werte und Verwertung werden sozial vermittelt und enthalten im gesellschaftlichen Rahmen bereits Effizienz- und Effektivitätsgesichtspunkte, durch die auch alle sonstigen Lebensweisen bestimmt sind. So erhält das Mitgefühl einen instrumentellen Charakter, die Empathie einen Warencharakter, der sich von ehrenamtlicher Frauenarbeit zu Sozialarbeit und bezahlten Dienstleistungen (als Therapie deklariert) erstreckt.
  3. Diagnostische Tätigkeit bezieht sich auf klassifizierende Vorarbeiten. Sie fordert im Tausch von Kompetenz und Wissen eine Ware, die das Innere eines Menschen, seine Erlebnisfähigkeit zu einem formbaren Material erklärt und dabei einen Mehrwert produziert, der mit Aus- und Weiterbildungskosten der Expertinnen legitimiert wird. Dieses formbare Material soll aus bestehenden Verformungen befreit und in neue Formen gerückt werden. Diesen haftet zu einem großen Teil Einheitlichkeit und Stromlinienförmigkeit an, Aberkennung von Heterogenität wandelt sich hin zur homogenen Masse.
  4. Die Asymmetrie von Kapital und Arbeit, die als Frühgeschichte die heutige Beziehungen in der Ökonomie begründet, findet Eingang in die therapeutische Beziehung, in der ein seelisch Verletzter seine Hilflosigkeit bei der Beseitigung seiner Ohnmacht anerkennen soll und muss. Das Stigma, dass ein Mensch mit traumatischen Erinnerungen nicht allein zurechtkam und seine Ohnmacht anzuerkennen gezwungen war, bleibt lebenslang bestehen. (Es ist jedoch nur dann ein Stigma, wenn abhängiges Verhalten zu einem negativen Wert bestimmt wird, der sich allerdings nicht auf die Abhängigkeit von Therapeuten bezieht.)
  5. Daraus resultiert ein selbst ernanntes Expertentum, das Entbehrungen nur deshalb auf sich zu nehmen bereit ist, weil es durch Macht, Einfluss und Geld belohnt wird. Zugleich muss das Glücksgefühl eines wahren Altruismus als hinderlich, im Kern egoistisch und verwerflich diffamiert werden.
  6. Ökonomisierung von psychosozialen Prozessen begünstigt Angst, Aggression und Egoismen und bringt die Summe der Störungen und Leiden hervor, als deren Erlöser die Psychodiagnostiker und –therapeuten auftreten. (Man betrachte die Zunahme der ADHS-Diagnosen in den letzten fünf Jahren!) An der Beschaffung von Klienten darf nicht gerüttelt werden, weshalb die Macht, Ungleichheit und Ungerechtigkeit produzierende ökonomische Ordnung nicht in Frage gestellt werden darf. Reparaturbetrieb zur Anpassung an die vorhandene Realität?
  7. Es muss analysiert werden, in welchem Maße ökonomisches Kalkül und ökonomisch orientierte Prognostik an der Bildung und Ausweitung von Psychotraumata beteiligt oder gar durch Akkumulation von Macht verantwortlich sind. Ist im Kern nicht schon der Eigentumsbegriff ursächlich für Eigennutz, Egoismus und antisoziale Tendenzen, indem er auf Lebewesen, d.h. die Herrschaft auch über Menschen, ausgedehnt wird?
  8. So wird Herrschaft über Menschen zum zentralen Ansatzpunkt für die Akkumulation von Eigentum. Wenn aber Herrschaft über Menschen im Kern Gewalt ist, leitet sich dann nicht das Psychotrauma vom Gebrauch/Missbrauch dieser Macht und Herrschaft ab? Ist der Gebrauch von Macht und Herrschaft nicht immer schon Missbrauch?
  9. Ökonomische Überlegungen haben die Tendenz, sich schamhaft mit Schleiern zu umgeben. Es wäre folglich zu prüfen, inwieweit die Fokussierung auf das Trauma als individualisierte Verletzung die Ursachen  von Herrschaft und Macht zu verschleiern in der Lage ist, indem Ursachen, Motive und Kontexte von Herrschaftshandlungen verdunkelt werden.
  10. Sicherlich nicht nur marginal: Mit den Forderungen nach Therapie von Psychotraumata entstehen Märkte: der Aus- und Weiterbildung, von Seminaren und Workshops und von Langzeitbehandlungen. Workshops zeigen schon in ihrer Bezeichnung den Marktcharakter an. Lange Therapien treten in Widerspruch zum Effizienzgedanken, sodass ein forscherisches und mit Forschungsgeldern ausgestattetes Wettrüsten um die erfolgreiche „Kurztherapie“ einsetzt. EMDR, pharmakologische Eingriffe, Behandlung durch das Internet oder doch die klassischen sprechenden Methoden? Was ist wie lange wirksam und was ist mit welchen Methoden evaluiert? Es kann als Tatsache betrachtet werden, dass die Gesetze des Marktes, die Gesetze von Angebot und Nachfrage zur Bedürfnisbefriedigung reibungslos übernommen werden, indem das Angebot von Expertinnen über die Neuerfindung von Diagnosen eine permanent wachsende Nachfrage produziert.
  11. Genetik und Pharmakologie marschieren im Gleichschritt. Sowie Fortschritte bei der Identifizierung von Genen und ihren Funktionen zu berichten sind, erlauben sich Pharmakologen und ihre zugehörigen Firmen hellseherisch einen Blick in die therapeutische Zukunft, für die es zwar noch kein Präparat gibt, jedoch das Versprechen, man arbeite daran und werde es auch finden. Es wirkt derselbe Effekt wie an der Börse. Keine Droge hat Akademikergehirne und Argumentationen so sehr verändert wie die vorläufigen Erkenntnisse der Genetik und deren spekulative Aussagen, die als Lückenfüller für Unwissen dienen.

 

 

Die Verschleierung ökonomischer Gesichtspunkte und Interessen verläuft nirgends so nachhaltig und subversiv wie im Bereich der psychischen Gesundheit oder im Feld mentaler Strukturen und der Heil(ung)sversprechen von abweichenden Verhaltensmustern. Die zahlreichen Neurowissenschaften, die den Menschen auf sein Gehirn reduzieren und vorläufiges Wissen zur Etablierung neuer Disziplinen nutzen, sind an der fahrlässigen Ausbreitung von Illusionen beteiligt. Die neueste Studie der Barmer GEK zur Diagnosesteigerung von ADHS-Kindern belegt eindrucksvoll und bedrückend diese Tendenz.

Fürsorge als offizielles und breit anerkanntes Motiv hat die Funktion, ein Denkverbot zu etablieren, das Skepsis und Zweifel ausschalten soll. Eine Zensur verhüllt alle hintergründigen Intentionen von Verstehen und Heilung. Psychische Abweichungen definieren zwar das Normale, müssen jedoch rasch beseitigt werden, so dass das Normale verschwimmt. Klassifikationen, die eine Trennung von „krank“ und „gesund“ vornehmen, bereiten die Beeinflussung der Wahrnehmung von Realität vor, in der soziale Gruppen die Grenzen von traumatischen Erlebnissen definieren und somit erst zur Realität machen. Sie beschreiben Kasuistiken, wählen relativ beliebige Statistiken aus und formen mit scheinbar naturwissenschaftlichen Methoden Modelle und Normen, die nie einer Vorläufigkeit entbehren. Publikationen und Verbindungen zu den Medien verwandeln Vermutungen und Spekulationen in Feststellungen, vor allem dadurch, dass exklusive Fachsprache durch die Medien in Alltagssprache übersetzt wird. Solch ein Übersetzungsakt schleift mit grobem Sandpapier alle irritierenden Fragen ab, so dass eine schmeichelnde Figur der therapeutischen Realität und Notwendigkeit resultiert. Die Akzeptanz im wissenschaftlichen, später im gesellschaftlichen Umfeld wird zu einer Nagelprobe der sozialen Penetration einer Idee und ihrer Ausformung. Als Ziel dieser landläufigen Strategie wird die Beeinflussung von individuellen und kollektiven Daseinsmustern betrachtet. Wie die ökonomisch-soziale Welt wahrgenommen und erfasst wird, unterliegt folglich Strategien, deren Akteure nicht synergistisch und nicht immer bewusst vorgehen, gleichwohl ein Gesamtergebnis produzieren, das sich, einfach weil es da ist, allgemeiner Zustimmung durch den Common sense erfreut. Hierin liegt das Wesen der klassischen Politik, die Bejahung erfährt und Subversion sowie Häresie abwehrt, verteufelt und bannt.

Erst in einem zweiten Schritt öffnen sich die Klassifikation, die Nosologie und die Ausführungen in den einschlägigen Manuals einer Verwertung durch die Professionen. An diesem Prozess, der sich über längere Zeiträume hinziehen kann, sind zahlreiche Akteure beteiligt. Die pharmazeutische Industrie ist nur ein wichtiger Akteur neben anderen, die sich selbst in Wissenschaft und (Gesundheits-)Politik ansiedeln.

Was heißt in diesem Zusammenhang Verwertung? Ganz allgemein kann man darunter im Bereich der Psychotraumatologie die Transformation mentaler Befindlichkeiten in ökonomische Kategorien verstehen, wobei die ökonomischen Prozesse den psychosozialen nicht mehr äußerlich sind. Sie existieren in Verschmelzung, in Symbiose und können nur noch als Einheit gedacht werden. Jede Diagnose hat in Deutschland eine Punktzahl, d.h. Vergütung durch die Krankenkassen. Genauer: das Wissen über mentale Zustände und Prozesse, das über Jahrtausende Allgemeinwissen war, erleidet eine klassifizierende Verwandlung durch die Wissenschaft. Common sense zu psychischen Verletzungen und Folgephänomenen gerät ins Blickfeld der Wissenschaft, und dies kann man als den Beginn der Verwertung betrachten, obwohl das Motiv der Auf- und Erklärung pathologisch definierter Entwicklungen nie vollkommen erlischt. Ohne wissenschaftliches Interesse gäbe es wohl kaum den Start in eine industrielle oder professionsspezifische Verwertung, wobei es zu einer Trennung von Trauma, traumatisierter Person, Krankheitsdefinition und Unterstützungsmotiv kommt. Dieses entstandene System der Verwertung von Wissen steht permanent unter dem Zwang, sich zu erneuern wie ein Perpetuum mobile. Während in offizieller Rhetorik die professionelle Selbstabschaffung nach erfolgreicher Behandlung psychischer Traumata auf den Fahnen steht, stellen wir täglich fest, dass die definierten behandlungsbedürftigen Krankheiten in diesem Feld wachsen und wachsen, und die Indikationen für therapeutisch-pharmakologische Eingriffe zunehmen. Der neue industrielle und professionelle Komplex steuert auf ein rhetorisches Idealbild vom Menschen in seiner Sozialität zu, das noch niemand in seiner Ganzheit beschrieben hat. Vermutlich würden wir uns sogar davor fürchten. Das utopische Gerede vom Glück und Schmerzfreiheit kann nicht eine Beschreibung der idealen Ziele sein, obwohl es sich scheinbar um anti-ökonomische Kategorien, d.h. um eine Rückkehr zu den Kategorien handeln würde, von denen man einmal ausgegangen war. Kann es Glück für Psychologen, Politiker, Psychiater und die Pharmaindustrie geben, wenn alle anderen glücklich sind?

Vorerst unterliegen spezifisches Wissen, Patentierung biologischer Prozesse und Methoden, Therapien, Wissenschaftlermeetings, Weiterbildung ökonomischen Kriterien der Verwertung.

Der Traumadiskurs der Moderne hat in seiner Hervorbringung und Aneignung durch Psychowissenschaftler ja nicht nur am Common sense des Umgangs mit Verlusten von Leben und Würde, am Umgang mit Trauerprozessen und inneren Schmerzen angeknüpft, er hat den Diskurs geheiligt, indem die Vertreter dieser neuen Lehre sich selbst zu den einzigen Erlösern erklärten, eine liturgische, autorisierende Sprache entwickelten, die ihre Position verstärkte, zugleich eine populäre Fassung des Traumadiskurses entstehen ließen, die in der Lage war, in Filmen, Büchern, Tageszeitungen, Ratgeber-Seminaren usw. ein Halbverstehen durch Einheitsbegriffe zu produzieren, so dass ein Vorsprung und hegemonialer Anspruch der Lehrer und Experten, der sich ursprünglich gerade auf Vielfalt gründete, stets erhalten blieb. Common sense und gesellschaftliche Gewohnheiten und Gebräuche fielen so einer Enteignung zum Opfer, die aus Respekt vor dem Image der Wissenschaft auf breiten Beifall hoffen durfte. Die neuen Priester erklärten die Welt, vor allem die innere Welt und deren Mechanismen, und die Enteigneten lauschten und stimmten dann ihrer Bedürftigkeit zu. Was zuvor als Adressat für Dialoge und Gebete ins Außen (Schicksal, Gott, Götter)  verlagert worden war, tritt nun für die neu entdeckten inneren Prozesse als Therapeutik auf, bleibt zwar außen, verlegt aber Verantwortung, Schuld, Selbstreinigung und Selbsthilfe ins Innere von geschädigten Menschen. Und dort, wo die Experten in Erklärungsnotstände gerieten, integrierten sie solche Notlagen als Teil der von ihnen vorgenommenen Exegese des neuen Diskurses. Selbstverständlich gibt es solche und solche traumatischen Biographien. Aber das Narrativ im Angesicht der Experten hatte allein die Kraft zur Überwindung des Schmerzes. Eine Entwirrung verknäuelten Lebenssinns wurde zu einer Domäne von priestergleichen Fachmenschen, die den Wert ihres Einsatzes im Tauschverhältnis vor allem Ritualen und suggestiven Kräften verdanken.

Schon der Begriff Trauma, der sich als Alltagsdiagnose eingeschlichen hat, stürzt die betroffenen Menschen in Hilflosigkeit und entzieht dem sozialen Umfeld eines seelisch Verletzten jegliche Kompetenz, einen bedeutsamen Beitrag zur Linderung des Leidens zu leisten. Und leider wird auch die Beschäftigung mit der Verantwortung für irrelevant erklärt. Unbestreitbar ist dagegen wohl, dass über 95 % der seelischen Verletzungen, der alltäglichen Kränkungen und der extremen Verwundungen, ihre Rehabilitation im sozialen Umfeld von Laien suchen und durchaus finden. Die Psychologisierung der sozialen Welt bringt einen ungeheuren Bedarf an korrigierenden Therapien hervor, der die Kapazitäten der Experten überfordert. Die Zauberlehrlinge stehen vor Problemen, die sie selbst geschaffen haben und müssen nun an die restriktive Vermehrung ihrer Zahl und Kapazität gehen. Das schafft einen Markt, auf dem Nachfrage und Angebot die Preise für Seminare und Weiterbildung regulieren, wobei Wissensvermittlung und Lernen sich gern mit Wellness verbinden. Wir sollen uns wohl fühlen, wenn wir  die Grausamkeiten der Wirklichkeit hören und nachempfinden. Das haben wir ja schon beim Betrachten der Fernsehnachrichten eingeübt. Ganz anders als z.B. in der Schule, wo Ressourcen zum Wohlfühlen nicht zur Grundausstattung gehören.

Die Finanzblase hat eine kleinere Schwester, die sich vergleichbarer Suggestionen bedient und sich  Psychoblase nennt. Beide setzen auf die Befriedigung von Bedürfnissen, Wünschen, Hoffnungen, Trieben. Abgrenzende Unterscheidbarkeit und Risikobereitschaft sind das Schmiermittel in beiden Feldern. Psychoblase differenziert die Menschen einer Gesellschaft in die, welche sich Therapien zeitlich und finanziell leisten können, und die, welche mit standardisierter  Beratung oder Ermahnungen vorlieb nehmen müssen, aber auch in jene, die sich  die einschlägigen Diskurse verkennend zu eigen machen, indem sie sich ihnen anerkennend unterwerfen, und jene, die von solchen Diskursen unberührt bleiben, ketzerisch handeln oder lediglich Diskursobjekt bleiben. Durch die Klassifikationen innerer Prozesse werden für den Bereich der Verwertung zugleich neue Klassen und eine soziale Differenzierung und Abgrenzung geschaffen. Das gilt keineswegs als ungerecht, sondern als das Prinzip unserer Gesellschaft, die es durch rituelle Zustimmungswiederholungen zur natürlichen Ordnung erklärt hat.

 

Die „Medical Humanities“ wurden als synergistische Mischung und Austausch zahlreicher wissenschaftlich ausgewiesener Disziplinen konzipiert. Es schien verlockend, aus dem Wissen zahlreicher Expertinnen neue Erkenntnisse zu amalgamieren. Immer waren auch Gesundheitsökonomen mit am Werke, die schon in ihrer Berufsbezeichnung wirtschaftliche Aspekte wie Notwendigkeiten favorisierten. Die „Medical Humanities“ schaffen Rahmenbedingungen für Effizienz- und Effektivitätssteigerungen im Gesundheitswesen, das große Zuwachsraten verspricht. Die Kooperation verschiedener Disziplinen verursacht ja nicht nur eine naturwissenschaftliche Dominanz. Vielmehr erleiden die Kulturwissenschaften eine Abhängigkeit von den Biowissenschaften, und sie geraten in den Sog einer Verwertbarkeit, die den Geisteswissenschaften im Allgemeinen eher fremd ist, wenngleich sie an Etablierung von Diskursen beteiligt sind.

 

Problematisch erscheint die scheinbar nahe liegende Verbindung von Traumaforschung und militärisch-industriellen Komplex. In den USA wurde in der Vergangenheit ein Großteil der Forschung zu Trauma und Traumafolgen von den einzelnen Zweigen der Streitkräfte finanziert. Auf den ersten Blick ist dies nahe liegend, handelt es sich beim Forschungsobjekt doch um geschädigte Soldaten. Bei näherer Betrachtung tritt die universitäre und zivile Forschung in eine unübersehbare Abhängigkeit vom Militär. So war einsichtig, dass die ersten Forschungsergebnisse durch Studien an Soldaten ans Licht kamen, während die heutigen Untersuchungen, die medikamentöse Einwirkungen auf traumatisierte Personen und effektivere Therapiestrategien zum Gegenstand haben, weiterhin vom militärischen Komplex finanziert werden. Das kann eigentlich nur bedeuten, dass Traumata von Kampftruppen möglichst rasch wieder zur Frontverwendungsfähigkeit führen sollen. Es können Schauder über den Rücken laufen, wenn man den Einsatz von Amphetaminen vor Patrouillengängen bei den sowjetischen Truppen in Afghanistan bewerten soll. Warum heißt Heroin Hero-in? Brauchen wir solche Helden?

Dieser insgesamt uneinheitliche Beitrag lädt ein zur Fortsetzung.