Von Sepp Graessner

Die Erzählungen der Patienten des Zentrums in Kirkuk beziehen sich auf unterschiedliche Lebensläufe in dieser Stadt. Daher werden in den Beiträgen traumatisierter Menschen immer wieder Bezüge zum erlebten Mikrokosmos des Lebens in Kirkuk hergestellt, das selbstverständlich viel mehr Facetten aufweist, als hier dargestellt werden kann. Lediglich die engeren Bedingungen für traumatische Biographien können hier angeführt werden. Eine dieser Bedingungen für traumatische Erlebnisse und ihre Verarbeitung stellt die Vertreibungspolitik der Ba’ath-Partei dar. Sie hat eine Vorgeschichte, eine ökonomisch-koloniale Facette und enthält die Durchsetzungsstrategien des Regimes.

Im folgenden Abschnitt soll exemplarisch die Entwicklung der Vertreibungen, Enteignungen und demoskopisch relevanten Daten nachgezeichnet werden. Sie ist als makroskopische Bedingung der Verfolgung von Kurden in den einzelnen biographischen Skizzen nicht enthalten oder nur marginal erwähnt.

Dabei gehen wir von einer Zusammenstellung von Nouri Talabany aus, dem es vor allem um die Einschätzung rechtspolitischer Normen der Vertreibung im nationalen und internationalen Recht geht[1].

Vertreibung als politische Strategie verfolgt im Wesentlichen folgende Ziele:

  1. Verarmung und Stigmatisierung der Vertriebenen,
  2. Verdrängung des gewachsenen Einflusses der ursprünglichen Einwohner,
  3. Ausdünnung kultureller Gewohnheitsrechte,
  4. Änderung der demoskopischen Zusammensetzung,
  5. Plünderung und Beute,
  6. Produktion von Delinquenz und Widerstand,
  7. Soziale Neuzusammensetzung der Bevölkerung,
  8. Einführung neuer Herrschaftsformen.

 

Diese wesentlichen Absichten und Nebenwirkungen wurden in den vergangenen 60 Jahren angestrebt. Vertreibung bewirkte nicht nur materielle Verluste. Sie war immer auch von Morden und Verlusten an Leben begleitet. Eine korrigierende Rechtsprechung existierte zu keinem Zeitpunkt. Entweder war eine zentralistische Diktatur oder die vormonarchistische Kolonialmacht für die Vertreibungen verantwortlich, ohne dass ein rechtliches Institut in Anspruch genommen werden konnte. Willkür dauerte folglich schon seit über fünfzig Jahren.

Der Beginn der Vertreibungen neuerer Zeit kann auf die Entdeckung und industrielle Ausbeutung der Ölquellen im nördlichen Irak datiert werden. Britische und französische Firmen als neue Herrscher im Lande führten zu einem Beschäftigungsboom in den Ölregionen des Irak. Bedeutende Quellen bester Qualität fanden sich in der kurdisch besiedelten Region um Kirkuk. Die erforderlichen Fachleute und Arbeiter wurden aus den südlichen Provinzen gewonnen und im Raume Kirkuk angesiedelt. Es entstanden neue privilegierte Stadtteile in Kirkuk. Ein Bauboom für Häuser gehobenen Anspruchs entwickelte sich. Die Zuwanderung von Beschäftigten im Ölsektor aus anderen Landesteilen veränderte allmählich die soziale und ethnische Zusammensetzung der städtischen Bevölkerung, für die im Allgemeinen der Dienstleistungssektor (neben dem Handel) vorbehalten blieb.

Ein Blick auf den Zensus im Jahre 1957 lässt die Veränderungen in der Zusammensetzung der Bevölkerung Kirkuks im Vergleich zu der Schätzung durch die britischen Okkupanten im Jahre 1921 erkennen. Zwischen 1919 und 1968 hat sich die Zahl der Einwohner Kirkuks verfünffacht[2].

 

  1.       1957

 

75.000 Kurden                                          48,3 % Kurden

10.000 Araber                                           28.2 % Araber

35.000 Turkmenen                                    21,2 % Turkmenen [3]

1000 Juden

600 Chaldäer/Assyrer (Christen)

 

Christen und Juden waren nach der Zählung von 1957 nicht mehr in der Auswertung enthalten. Die prozentualen Veränderungen sind offensichtlich: Während das Zahlenverhältnis von Kurden zu Turkmenen in etwa stabil blieb, änderte sich das Zahlenverhältnis zwischen Kurden und Arabern von rund 7:1 auf weniger als 2:1. Die blanken Ziffern sagen freilich nichts über die Veränderungen im sozialen Gefüge und in der Herrschaft über Stadt und Provinz.

Schon während der Monarchie hatten alle Regierungen arabische Bewohner des Irak ermuntert, sich in Kirkuk niederzulassen. Mitte der 1930er Jahre, unter der Regierung von Yassin Al Hashemi kamen zahlreiche Araber aus der Provinz Al-Ubaid sowie nomadische Araber des Südens nach Kirkuk.[4] Unter der Monarchie war Kurdisch als Schul- und Amtssprache verboten.

Mit dem Staatsstreich im Juli 1958 durch General Kassim verbanden sich Hoffnungen der Kurden auf Zulassung ihrer Sprache in Grundschulen. Sie zerschlugen sich rasch, als arabische Nationalisten die wichtigsten Positionen in der Stadt besetzten und per Dekret durch den kommandierenden General eine Bevorzugung und Privilegierung von Turkmenen verordnet wurde. Der kurdische Bürgermeister wurde abgesetzt und durch einen Turkmenen ersetzt. Geheime Memoranden des Generals an das damalige Machtzentrum im Verteidigungsministerium in Bagdad sprachen von kurdischen Versuchen, eine kurdische Republik zu etablieren.[5] Die Belege waren äußerst dürftig und frei erfunden. Sie machten deutlich, dass es dem Militär vor allem darum ging, einen Keil zwischen Kurden und Turkmenen zu treiben[6].. Ein sehr kurzes Intermezzo unter dem eher sozialistisch gesinnten General Al-Janabi erlaubte den Kurden erstmals die öffentlichen Newroz-Feiern in der Stadt Kirkuk.

Während die bevölkerungspolitischen Maßnahmen des Regimes zuvor an demoskopischen Veränderungen in der ethnischen Zusammensetzung Kirkuks durch Zuwanderung und Umsiedelung interessiert waren und damit einer ökonomischen Logik folgten, änderte sich die Strategie nach den bewaffneten Zusammenstößen zwischen Kurden und Turkmenen im Jahre 1959, die viele Menschenlebenleben forderten.

Danach setzte der blanke Terror ein. Er wurde im Wesentlichen durch Spezialeinheiten der Turkmenen in Kooperation mit den Geheimdiensten des Regimes ausgeübt. Zahlreiche prominente Kurden Kirkuks wurden ermordet. Diese Terrorserie führte zu erzwungenen Vertreibungen, die von der Nationalgarde der Ba’athisten und Turkmenen eingeleitet wurden. Dicht besiedelte Stadtteile von Kurden wurden angegriffen und demoliert, 13 kurdische Dörfer  in der Umgebung von Kirkuk und den Ölfeldern wurden dem Erdboden gleichgemacht. Die kurdischen Bewohner von 33 Dörfern im nahe bei Kirkuk gelegenen Dub-Distrikt wurden vertrieben und durch arabische Siedler ersetzt[7].

Das Regime intensivierte nach dem Staatsstreich der Ba’athisten die diskriminierenden Maßnahmen gegenüber Kurden von Monat zu Monat:

 

-         Entlassung von kurdischen Arbeitern bei den Ölgesellschaften sowie erzwungene Verlagerung weiterer kurdischer Arbeitsplätze in den Süden.

-         Anwerbung unerfahrener arabischer Arbeiter und Polizisten

-         Bau von militärischen Beobachtungsposten um die Stadt Kirkuk

-         Verfügung von Sicherheitszonen um die Ölfelder.

-         Ansiedlung arabischer Stämme in den entvölkerten kurdischen Dörfern und Aufstellung von arabischen Milizen (irregular units).

-         Schulen und Straßen Kirkuks erhielten arabische Namen.

 

Nach dem Staatsstreich von 1968 durch eine Clique um Saddam Hussein kam es durch das neu installierte Regime zu einer weiteren Verschärfung in Kirkuk und im Regierungsbezirk (Provinz Kirkuk):

-         Alle kurdischen Distrikte, Schulen, Straßen, Märkte und Firmen erhielten arabische Namen, auch in der Provinz.

-         Kurdische Häuser wurden in vielen Stadtteilen eingerissen, um dem Neubau strategisch konzipierter Straßenzeilen Platz zu machen.

-         Den vormaligen Eigentümern wurde untersagt, Grundeigentum in Kirkuk zu kaufen.

-         Arabische Neusiedler wurden dem Zensus von 1957 hinzugefügt, als hätten sie bereits vor dieser Volkszählung in Kirkuk gewohnt.

-         Kurden durften ihr Eigentum nur an Araber verkaufen,

-         Renovierungen und Neubau wurden Kurden verweigert.

-         Zu Beginn und bis Mitte der 1980er Jahre wurden diese Verfügungen auf Turkmenen ausgedehnt.

-         Falsche erfundene Beschuldigungen gegen Kurden führten zu einem Teil-Exodus. Das zurückgebliebene Eigentum wurde konfisziert.

-         Kurdische Jugendliche wurden zu Hunderten inhaftiert. Sie blieben ohne Gerichtsverfahren. Täglich sah man auf Polizeifahrzeugen Leichen in kurdischen Kleidern, die zu einem Friedhof „Ghariban“ an der Straße nach Sulaimani gefahren wurden.

-         Gewerkschaften und andere kurdisch dominierte Organisationen wurden im Sinne einer Gleichschaltung in lokale Ba’ath-Organisationen überführt.

-         Unterschiedliche Moscheen (mit kurdischer Ausrichtung) und eine sehr alte christliche Kirche, die sich auf dem Gelände der alten Zitadelle befanden, wurden geschleift.

-         Die Stadt und die Region wurden durch den Bau von Kasernen und Sicherheitsanlagen militarisiert.

-         Es wurden Geldzulagen für Kurden gewährt, die Kirkuk in Richtung Süden zu verlassen bereit waren.

-         Nach der Nationalisierung der Ölfelder wurde der Name Kirkuk durch „Al-Tamim“ (zu Deutsch: Nationalisierung, Verstaatlichung) ersetzt.

-         1976 wurde durch eine Gebietsreform die Provinz Al-Tamim mit der Großstadt Kirkuk in der Weise festgelegt, dass Kurden darin eine Minderheit bildeten, weil entlang der aus Kirkuk führenden Straßen riesige Siedlungen für arabische Siedler gebaut worden waren und die dort ehemals wohnenden Kurden komplett vertrieben waren

-         .

Im Verlauf des Krieges mit Iran gelang es nicht, weitere arabische Siedler für die  Stadt und Region zu gewinnen. Kriegstote und Einberufungen zur Armee reduzierten die Interessenten beträchtlich. Da zudem die kurdischen Parteien im Norden des Irak einen eigentümlichen und schlingernden Kurs in ihrer Bündnispolitik fuhren, ging das Regime in Bagdad zu Maßnahmen über, die auf die Vernichtung der Kurden angelegt waren. Zu Hunderten wurden kurdische Dörfer im Rahmen der Anfal-Operationen zerstört. Rund 182.000 Kurden, davon ein großer Teil ehemals vertriebener Bewohner Kirkuks, wurden nach Süden verschleppt und dort massakriert. Die Bewohner zerstörter und geplünderter Dörfer wurden in Lagern, die als Konzentrationslager verstanden werden können, zusammengepfercht.

Damit waren die gegen Kurden gerichteten Maßnahmen in Kirkuk, vom Standpunkt des Regimes betrachtet, erfolgreich, wenngleich es immer auch zu diffusen Rückkehrbewegungen von Kurden nach Kirkuk kam. Ihre Lebensbedingungen waren freilich elend, da auch in der Region alle guten Böden für landwirtschaftliche Produktion durch das „Saddam-Bewässerungs-Projekt“ in arabische Hand gefallen waren. Der Charakter der einstmals kurdischen Stadt hatte sich komplett verändert. Die Verwaltung der Stadt war unter dem Schutz von Geheimdiensten, Polizei und Militär in alleiniger Hand der arabischen Neubewohner.

Nach der Niederlage Saddam Husseins im 2. Golfkrieg (Überfall auf Kuwait)und ermuntert durch amerikanischen Sieger suchten Kurden, die Stadt wieder unter ihre Kontrolle zu bringen. Am Newroz-Fest 1991 gelang dies nach heftigen Kämpfen. Zuvor hatte der damalige Verteidigungsminister Ali Hassan Al-Majid (Chemie-Ali) wegen der strategisch bedeutsamen Lage Kirkuks angeordnet, 30.000 kurdische Männer, jung und alt, an Orten zusammenzufassen, wo sie über Tage ohne Wasser und Brot bleiben mussten. Durch diese Isolation starben zahlreiche Alte und Kranke. Nach der Einnahme von Kirkuk durch kurdische Peshmerga kam es zu Flächenbombardements in der Stadt. Die vorwiegend kurdischen Bewohner flohen aus der Stadt, ließen ihr Eigentum zurück und überließen es damit Plünderern. An der Einnahme der Stadt durch Saddams Einheiten waren an vorderster Stelle auch die iranischen Volksmudjahedin, die sich als iranische Opposition in Irak aufhielten, als Söldner Saddams beteiligt. Als Folge des fehlgeschlagenen Aufstandes von Kurden und Turkmenen verließen viele Bewohner die Stadt.

Verhandlungen zwischen Repräsentanten der Kurdischen Front und dem Regime in Bagdad ermöglichten die Rückkehr vormaliger städtischer Bewohner. Allerdings gingen aus Furcht vor Einschüchterung und Verhaftung die eher jüngeren Kurden nicht zurück.

Nachdem im September 1991 drei kurdische Provinzen unter alliierter Protektion ihre faktische Unabhängigkeit von der irakischen Verwaltung erklärt hatten, erhöhte sich die Repression in Kirkuk nochmals, als eine erneute Volkszählung bevorstand. Kurden wurden im Jahre 1997 gedrängt, auf einem Formblatt zu unterschreiben, dass sie anlässlich der letzten Volkszählung falsch registriert worden seien. Jeder, der sich weigere, wurde mit Vertreibung bedroht. Tausende Kurden verließen daraufhin ihre Stadt. Dieser erneute Exodus führte zu einem Zensus mit einem von Saddam erwünschten Ergebnis. Aber auch nach dem Zensus ging die Vertreibungspolitik weiter. In einer öffentlichen Erklärung im Jahre 2000 wurde allen Nicht-Arabern das Lebens- und Aufenthaltsrecht in Kirkuk verweigert.[8] Erneut flohen Zehntausende aus der Stadt und fanden sich in kläglichen Verhältnissen in Lagern wieder, wo sie auf internationale Unterstützungsmaßnahmen angewiesen blieben, bis nach der Niederlage Saddams gegen die US-Truppen ein stetiger Rückstrom von Kurden nach Kirkuk einsetzte.

Der Wiedereinzug  von Kurden in Kirkuk und die Durchsetzung ihrer Ansprüche nach der US-amerikanischen Invasion konnte zwangsläufig nicht ohne Konflikte, zuweilen mit Gewalt und Wut, abgehen, weil ihr vormaliger enteigneter Besitz von den Nutznießern nicht immer friedlich geräumt wurde. Trotz vereinzelter Vertreibungen von Arabern ist der Prozess des Nachweises rechtlicher Ansprüche von Kurden angesichts des Leids und Elends, das über Kurden in Kirkuk gebracht worden war, vergleichsweise milde und oft rechtstaatlich ausgefallen.

 

Das, was euphemistisch „ethnische Säuberungen“ genannt wird,  hat zu keiner Zeit zu einer internationalen Reaktion geführt. Saddam Hussein und sein Regime mussten dies als Billigung oder Desinteresse missverstehen.

 

 

Wenn die traumatischen Erinnerungen der gegenwärtigen Generationen schwinden, bildet sich Geschichte. Aus den vielfältigen Einzelschicksalen formt sich ein verallgemeinertes Schicksal, das Identität ermöglichen kann wie ein Seil, das aus vielen Einzelfäden geflochten wird. Das Seil trägt eine Last, eine größere oder kleinere.

Wer heute psychotherapeutisch mit Menschen und ihren schmerzhaften Erinnerung arbeitet, muss unabhängig von seinem Handwerkszeug vom Wunsch getrieben sein, das Seil der gemeinsamen Erinnerung so zu flechten, dass es künftige Generationen in bestimmender Weise zusammenbindet. Der Therapeut von heute sollte den Weg in eine Zukunft ermöglichen, indem er über das Einzelschicksal, mit dem er befasst ist, hinausphantasiert. Am Ende dieses Denk- und Imaginationsprozesses landet er in der Geschichte, welche die Pluralität im Singular benennt: Aus Geschichten wird eine, wird die Geschichte. Geschichte ist insofern tröstlich, weil sie dabei hilft, den individuellen Schmerz unbewusst zu machen. Der Therapeut macht sich Gedanken, die einer Umkehrung des posttraumatischen Erinnerungsprozesses, bei dem das Vergangene unwiderstehlich in der Gegenwart stört, gleichkommen: Er stellt sich eine Geschichte in der Zukunft vor, die aus Geschichten der Vergangenheit besteht und Wirkung in noch fernerer Zukunft erzielen soll.

Davor allerdings steht der aktuelle Trost, der aus dem Gespräch entsteht und Linderung der Schmerzen verspricht. Und auch der Kampf entbrennt um die Rohmaterialien Beschaffenheit und Reißfestigkeit des Seils, das eine aufbrechende, transitorische Gesellschaft zusammenhalten möge. An Interessenten dieses Kampfes und Geschichtsfälschern hat es niemals Mangel.

Im therapeutischen Gespräch verbinden sich Erfahrungen von Leid und Verfolgung mit banaler Alltagsgeschichte. Diese Mixtur wird in den üblichen Heldenepen ausgeklammert. Ich habe immer darauf bestanden, dass die Heldengeschichten und zumeist lächerlichen Protagonisten durch eine solche Mixtur („objektive Geschichte“ und oral history) verdrängt werden. Man kann auch gar nicht anders, wenn man den Geschichten von Leidenden mit Einfühlung zuhört. Solche Geschichten verpflichten: Zur Veröffentlichung und zur Verknotung in das Identität stiftende Seil einer künftigen Gesellschaft.

Die zahllosen Vertriebenen und Zurückgekehrten äußern heute ein nachhaltiges Interesse am künftigen Status von Kirkuk. Die Mehrheit der Kurden wünscht einen Anschluss an das schwer zu definierende Gebilde Kurdistan/Irak, das sich selbst als föderale Teilrepublik in Irak versteht, zugleich die Hoffnung auf komplette Autonomie und Souveränität nicht aufgegeben hat. Volksentscheide, die laut irakischer Verfassung über den Status von Kirkuk Auskunft geben sollten, wurden immer wieder verschoben. Hieran hat die amerikanische Schutz/Besatzungsmacht einen wesentlichen Anteil. Sie verfolgt eigene Interessen, die in einem Zusammenhalt des Irak mit einem staatlich kontrollierten Zugang zu den Ölressourcen liegen.

Die Bewohner leben nun – gegen ihre jeweiligen Rechtsvorstellungen und –ansprüche – in einer permanenten Unsicherheit. Längst sind noch nicht alle Menschenrechtsverletzungen, die im Zusammenhang mit den über Jahrzehnte sich hinziehenden Vertreibungen aufgeklärt und ordentlichen Gerichten zur Entscheidung vorgelegt.



[1] Nouri Talabany hat von 1968 bis 1982 Jurisprudenz an der Universität Bagdad gelehrt. 1982 wurde er aus politischen Gründen entlassen. Er hat sich als Mitglied des Hohen Rechtskomitees 1992 an der Ausarbeitung einer provisorischen Verfassung für die irakische Kurdistanregion maßgeblich beteiligt.

[2] Ahmad Najmadin (1970) Population Conditions in Iraq. Arab Studies Institute, S. 109

[3] Nouri Talabany (2001) Arabization of the Kirkuk Region. Veröffentlicht in Schweden, Kurdistan Studies Press, S. 34.

[4] Ebda, S. 36-38.

[5] Ebda. S. 104-113. Darin die Texte der Memoranden.

[6] Nouri Talabany (2001) Kurdo/Turkman Relations. Ra’yat-ul Islam Magazine, Bd. 1, 15. Jg. Nr. 1, März 2001, S. 2.

Nouri Talabany (2005) The Story of Kirkuk and Its Displacement. S. 3.  https:// freemailing2005.web.de 25.9.2008.

[8] Al Hayat – Zeitung vom 29.9.2000