Mit einem noch undeutlichen Blick erlaube ich mir einige Bemerkungen mit spekulativem Charakter. Da so vieles, das den psychischen Verletzungen zugeordnet wird, sich im spekulativen und interpretationsfähigen Bereich bewegt, muss ich nicht erröten, wenn ich mich zu vorstellbaren Erklärungen des Psychotraumas äußere, die allerdings erst in Umrissen wie im Schattenspiel und in aller Vorläufigkeit hervortreten. Schließlich gibt es noch keine Theorie, die den pathogenen Mechanismus des Psychotraumas und seiner Folgen überzeugend erfasst. Selbst Teilphänomene begnügen sich mit Beschreibungen, die sich auf Evidenzen beziehen. Ich hatte in zurückliegenden Beiträgen darauf hingewiesen, dass ich in den theoretischen Zugängen zum Schmerz, insbesondere zum Phantomschmerz, signifikante Parallelen zu Symptomen der posttraumatischen Belastungsstörung erkenne, vor allem zu den bewusstseinsfreien Äußerungen nach überwältigendem Stress, die sich unerwünscht, ungewollt und hinderlich melden. So genannte dissoziierte Anteile lassen sich auch mit Aktivierungen des autonomen Nervensystems nicht ins Bewusstsein holen. Als bewusstseinsfrei lassen sich Formen der Vermeidung, des Wiedererlebens traumatischer Szenen und das gesteigerte posttraumatische Erregungsniveau aus vegetativen Einwirkungen und unbewusster Furcht oder diffuser Angst auffassen. Diese posttraumatische Symptomatik rührt mit hoher Wahrscheinlichkeit aus Beschädigungen von Symbolen, die als Verluste von Würde, schmerzhafte Demütigungen, Durchlöcherung des Ich-Kerns, Wertlosigkeit, verbale Erniedrigung – jeweils Destabilisierungen einer komplexen Persönlichkeit – konzipiert werden können. Symbole als Komplexe aus Schmerzwahrnehmung, Bedeutungszuschreibung und emotionaler Äußerung könnten als ein verwandter Mechanismus zum Phantomschmerz verstanden werden, wenn sie einer ähnlichen Kopplung von Speicherung und spontaner Abrufbarkeit unterliegen. Die immer wieder beobachtete Sprachunfähigkeit nach traumatischem Stress kann als eine weitere Schädigung von Symbolen verstanden werden, denn Sprechen bedient sich eindeutig lautgebender Symbole. Insgesamt werden die unbewusst einsetzenden Symptome oft pathetisch überschätzt. Eine Abgrenzung zu landläufigen Stressfolgen, von denen jede Person betroffen sein kann, ist schwer vorzunehmen. Lediglich wenige Ausnahmen, die lebenslang mit Verlusten und traumatischen Erlebnissen zu kämpfen haben, sollten therapeutische Unterstützung in Anspruch nahmen können, wenn sie damit ihre soziale Orientierung verbessern.